Impuls in besonderen Zeiten - Nr. 41
Masken - ein (unpassender ? ) Zwischenruf
Masken begleiten uns nun schon eine ganze Weile und werden es wohl auch weiterhin tun. Mich wundert es manchmal, wie schnell diese Masken so „normal“ und selbstverständlich geworden sind. Nur, damit Sie mich nicht falsch verstehen: ich finde es sehr sinnvoll und vernünftig, dass wir jetzt solche medizinischen Masken tragen, wo wir einander begegnen, um zu verhindern, dass wir – ohne es zu wollen – den Virus weitertragen und andere anstecken.
Nachdenklich gemacht hat es mich trotzdem, als mir kürzlich nach längerer Zeit ein Buch von Michael Ende in die Hand gefallen ist, das ganz verschiedene Mitternachtslieder und leise Balladen versammelt. „Trödelmarkt der Träume“ heißt das Buch. In einem dieser Lieder – „Der Unsichtbare“ – spielt auch eine Maske eine zentrale Rolle, allerdings keine medizinische und auch kein Mund-Nasen-Schutz. Es geht um einen Menschen, der dadurch immer mehr unsichtbar wird, dass er keinen Freund hat, niemanden, der ihn „von Herzen liebt“ wie Ende schreibt. Um doch wieder sichtbar zu werden, lässt er sich eine Maske anfertigen. Und diese Maske soll, so legt es Ende dem Unsichtbaren in den Mund, „so schön sein, dass mich jeder liebt“. Doch sein eigentliches Ziel erreicht er damit nicht. Zwar betört er viele Menschen, er selbst bleibt aber im Kern auf tragische Weise unsichtbar.
Ich frage mich, nachdem ich das Lied gelesen habe: Wer wird im Moment für mich unsichtbar? Für wen werde ich unsichtbar? Und trage ich vielleicht auch so eine Maske, hinter der ich mich verstecken kann? Und weil Treffen momentan nicht so selbstverständlich wie sonst möglich sind, fällt mir da schon der ein oder andere ein, der für mich im Moment „unsichtbar“ ist.
Michael Ende lässt seine Ballade in eine „Kinderweisheit“ münden, die auch in unsere derzeitige Situation hinein gesprochen ist: „Sei dankbar jedem, der dich liebt, sei selber wer, der Liebe gibt – damit wir sichtbar bleiben!“ Besser, finde ich, kann man das nicht zusammenfassen, was die Berufung jedes und jeder einzelnen Christ*in ist. Und momentan kann das ganz einfach heißen, mal zum Telefonhörer zu greifen und bei jemandem wieder aufzutauchen, der mir droht unsichtbar zu werden. Das kann vielleicht unser „Gottesdienst“ für dieses Wochenende sein.
Bleiben wir miteinander in Kontakt! Und versuchen wir auch unter den Schutzmasken füreinander sichtbar zu bleiben und aufeinander zu achten.
Auch die Seelsorger*innen unserer Pfarrei sind in dieser Zeit nicht unsichtbar. Sie können uns gerne ansprechen, wir freuen uns von Ihnen zu hören.
Bleiben Sie behütet!
Alexander Jaklitsch, Pastoralreferent
Das ganze Gedicht von Michael Ende finden Sie auch im Internet unter https://wizelife.de/schwarzes-brett/notiz/555a3ff3230c50c00a8b4594/gedichte/bleibt-sichtbar