Ostergruß / Impuls in besonderen Zeiten – Nr. 48
„Es ist nicht die Stunde des Gesangs, sondern des Stammelns.“
„Es ist nicht die Stunde des Gesangs, sondern des Stammelns.“
Der Satz stammt von Octavio Paz, muss also über 20 Jahre alt sein.
Ich gestehe, dass ich den Autor googeln musste: ein Mexikanischer Schriftsteller und Diplomat;
er bekam 1990 den Nobelpreis. Ich habe nicht den Kontext gefunden, in dem es damals gesprochen war. Schade. Aber warum den Satz gerade in diesem Jahr jemand wieder ausgegraben hat, ist mir leicht verständlich.
Das gemeinsame Singen in unseren Gottesdiensten ist schon lange nicht möglich – und geht uns wohl zu Ostern besonders ab. Natürlich gibt es noch viel mehr, was nicht geht und was uns fehlt. Dass nicht die Stunde des Gesangs ist, fasst das aber gut im Bild zusammen. Denn wenn uns der Gesang fehlt, dann fehlt etwas, das nicht nur unsere Stimmung erhebt. An die Stelle treten nicht vollmundige Reden oder überschwängliche Gedichte – sondern das Stammeln. Aber vielleicht ist das Stammeln gerade in den Kar- und Ostertagen gar keine depressive Ersatzform, sondern durchaus angemessen, weil uns das, was da geschieht, die Sprache verschlägt.
Die Kirche stammelt Symbole in diesen Tagen vor und an Ostern: Sie lässt die Orgel schweigen bis zum Gl.oria der Osternachtfeier, die Gedächtnisfeier an die Lebensgabe Jesu Christi wird mit dem schlichten Zusatz „das ist heute“ versehen, das Kreuz wird verehrt, was nicht nur in der gemeinsamen Liturgie möglich ist, sondern auch in individueller Form, und dann entfalten die Ursymbole von Licht und Wasser ihren Gehalt in der Feier der Osternacht.
Die Festlichkeit anderer Jahre erreichen wir in diesem Jahr mit Streaming und Open-air-Feiern wohl nicht ganz. Aber mit den uns – jetzt – möglichen Formen wird womöglich noch deutlicher, dass es immer ein Stammeln ist, was die Feiern ausmacht – Annäherungen in aller Armut:
Wir leihen uns die Worte aus den Geschichten der Bibel weil uns bessere Worte für die Liebe Christi eh nicht einfallen wollen. Und wir bringen so ins Wort und auch ins Bild, worüber wir nicht schweigen können, weil wir darin die Quelle des Lebens glauben. Gestammeltes Staunen – und irgendwann auch wieder gesungenes Lob der Liebe Gottes!
So wünsche ich Ihnen und Euch und allen, die uns verbunden sind, auch im Namen der Seelsorgerinnen und Seelsorger und der Gremien unserer Pfarrei frohe und gesegnete Ostern
Ihr und Euer Pfarrer Thomas Köster