Impuls Nr. 107

Hilarion von Gaza

Liebe Brüder und Schwestern,

der Theologe und Künstler Herder (1744 in Mohrungen/Ostpreußen – 1803 in Weimar) hat nicht nur den Liedtext zu „Wenn ich ein Vöglein wär“ aus einer unbekannten Vorlage in eines der schönsten deutschen Volkslieder nach meinem Geschmack gedichtet. Er hat u.a. über dem Heiligen Hilarion (291 in Tabatha/Gaza Palästina – 371 in Paphos auf Zypern) ein Gedicht geschrieben: „Das Paradies in der Wüste“. Darin verehrt Hilarion den Wüstenvater Antonius, Begründer des Mönchstums.
 
Das Gedicht hier frei zusammengefasst:  Antonius war mein Lehrer in Alexandria. Ich, Hilarion, war 15 Jahre alt und er ein alter Mann.  Obwohl sich unsere Wege schon nach wenigen Monaten trennten, waren wir lebenslang ein Herz und eine Seele. Die Nachricht von seinem Tod überwältigte mich, der ich seit meinen jungen Mannesjahren wie er als Eremit lebe. Nichts konnte mich jetzt zurückhalten,  an die Stätte seines Wirkens in der großen Wüste zu pilgern. Eine Herausforderung. Und siehe: Ich fand in wüster Lebensfeindlichkeit Antonius’ Garten, ein Elysium, Freude schöner Götterfunken. Die Vögel, ich sah es deutlich vor Augen, setzten sich auf seine Schulter und zwitscherten süß. Menschen suchten seinen Rat und fühlten sich geheilt durch seinen Blick und Worte und Hände. Ich weilte in seiner Hütte, in die er floh, wenn ihm alles zu viel wurde. Hier betete er. Sein Paradies schützte er z.B. vor den Wildeseln, die er zwar saufen ließ, aber nicht den Garten zertrampeln. Er schickte sie segnend weg.  Flüchtlinge und Verbannte (also Verbrecher) nahm er auf und gab ihnen Arbeit. Asche zu Asche nahm er wörtlich: Kein Grab, keine Leichenverehrung ordnete er bestimmt an. Deutlich durchdrang mich sein Friede, seine Schönheit und Kraft und vor allem seine überbordende Liebe. Tod, wo ist dein Stachel? Du hast nicht das letzte Wort. Antonius’ fröhlich freies Herz nehme ich aus dieser Wüste mit. Durch ein solches wird jede Wüste zum Garten Eden.

Der Kirchenvater Eusebius Hieronymus (349 in Stridon/Dalmatia -  420 in Bethlehem/Syria Palästia), ja, genau der mit dem Totenschädel auf dem Schreibtisch, hat die Legende über das Leben des Hilarion verfasst. Vor einigen Jahren wurde mit internationaler Hilfe die Ausgrabung des Klosters Hilarion, aufgebaut auf dem Grab des Heiligen, im Süden der Stadt Gaza begonnen. Es wurde in den 80er Jahren zufällig von der israelischen Armee bei Rettungsmaßnahmen entdeckt. Der Gedenktag des Heiligen Hilarion von Gaza ist der 21. Oktober. 

Liebe Grüße schickt Renate Gottschewski